Über zehn Jahre war der Zutritt zum Gartenpalais und der darin befindlichen Kunstgalerie der Familie Liechtenstein nur im Rahmen von Führungen per Voranmeldung möglich. Seit 1. März haben Interessierte zumindest Gelegenheit das Erdgeschoß – mit der Sala Terrena und der Bibliothek – des Gebäudes kostenlos zu erkunden. Ein stark untertriebenes „zumindest“ – denn tatsächlich wartet man hier derzeit mit hochkarätigen Objekten der fürstlichen Sammlung so wie Leihgaben aus aller Welt auf.

Den Anfang der neuen Reihe „März im Palais“ – die jährlich für einen Monat eine Sonderausstellung bieten möchte – begeht man im Jahr seines 250. Todestages mit Fürst Joseph Wenzel I. Mit einer Vielzahl von Objekten wird noch bis Ende des Monats seine Bedeutung als historische Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts sowie sein Rang als Kenner und Sammler von (zeitgenössischer) Kunst herausgestrichen.

Dass sich Joseph Wenzel bereits als junger Mann für die Kunst zu interessieren begann, ist unter anderem aus einer Schilderung ersichtlich, die er im Rahmen eines Besuchs der kurfürstlich-pfälzischen Galerie in Düsseldorf verfasste. Wenige Jahre später gab er selbst auf einer Italienreise in Neapel zwei Bilder bei Francesco Solimena in Auftrag. Knapp 25-jährig präsentierte sich der junge Fürst hier selbstbewusst in Harnisch, Schwert und modischem Samtmantel. Es ist dies das erste von vielen Portraits, die er im Laufe seines Lebens bei namhaften Künstlern beauftragen wird.

Mit dem goldenen Wagen durch Europa

Dass ihm das Posieren und die repräsentativen Seiten des adeligen Daseins gut gelegen haben dürften, davon zeugen vor allem aber die Aufgaben, die ihm im Laufe seines Lebens zuteil wurden. 1737 hatte Joseph Wenzel die kaiserliche Instruktion erhalten, den Botschafterposten in Paris anzutreten. Einen Posten, zu dem er sich nach dem Ende des Polnischen Thronfolgekriegs 1738 aufmachte. Für seinen – sogar in Paris mit Staunen wahrgenommenen – Einzug in die Stadt und nach Versailles ließ er einen goldenen Wagen anfertigen, der noch heute erhalten ist und in der Sala Terrena des Gartenpalais aufgestellt wurde. Im Rahmen der Ausstellung und auf einer neuen Website, auf der bis zum Ende des Jahres an die 11.000 Objekte der fürstlichen Sammlung Liechtenstein für die breite Öffentlichkeit digitalisiert werden sollen, kann der Prunkwagen nicht nur von allen Seiten betrachtet, sondern darin auch virtuell Platz genommen werden.

Joseph Wenzel selbst, ließ den Wagen noch zwei weitere Male in Verwendung nehmen. 1760 fiel ihm von Maria Theresia angeordnet die Aufgabe zu, die zukünftige Braut von Josef II., Isabella von Bourbon-Parma, nicht nur nach Wien zu begleiten, sondern diese auch noch vor der gemeinsamen Abreise prokuratorisch (also in Stellvertretung des Thronfolgers) zu ehelichen. Die Reisen – darunter auch eine weitere Fahrt zur Kaiserkrönung Josef II. nach Frankfurt am Main – sind bis heute gut dokumentiert nachzulesen und hinterlassen ein Bild von den enormen Kosten, die eine solche Fahrt (unter anderem mussten dafür eigens Straßen geschlagen werden) durch Europa hinterlassen musste.

Von Maria Theresia und Friedrich, dem Großen geschätzt

Wie sehr ihn Maria Theresia, nicht zuletzt auch aufgrund der militärischen Erfolge, die er für sie erzielte schätze – Liechtenstein gilt als Reformator der kaiserlichen Artillerie, deren Leitung er 1744 übernahm – wird auch deutlich an der von ihr in Auftrag gegebenen Wand im kaiserlichen Zeughaus. Während die Wand heute leider nicht mehr erhalten ist, zeugt eine feuervergoldete Büste von Balthasar Ferdinand Moll (eine Leihgabe des Belvederes) nach wie vor von der ihm zuteil gewordenen Ehre. Der Fürst revanchierte sich indem er bei Franz Xaver Messerschmidt zwei Büsten des Kaiserpaars und Reliefmedaillons des Thronfolgerpaares bestellte. Diese sind in der Ausstellung zwar nicht zu sehen, dafür besticht das Portrait, das Messerschmidt von Joseph Wenzel anfertigte mit unerwartetem Realismus.

Zu den weiteren Highlights der Ausstellung zählen die Veduten von Giovanni Antonio Canal, genannt Canaletto, die sich nach deren Verkauf aus der fürstlichen Sammlung in den 50er-Jahren erstmals wieder in Wien befinden, sowie die Genrebilder von Jean Siméon Chardin (ebenfalls Leihgaben), die Joseph Wenzel während seiner Zeit in Paris ankaufte und die von seinem Interesse für die damalige zeitgenössische Kunst zeugen.

Aber auch Werke des Neffen Canalettos, Bernardo Bellotto, wurden von Fürst Joseph Wenzel erworben. Anlässlich eines Wienaufenthalts des Malers im Jahr 1758 gab der Fürst auch zwei Darstellungen des Gartenpalais samt Barockgarten in Auftrag.
Welche Wertschätzung Joseph Wenzel I. in der damaligen Zeit genoss, davon zeugt nicht zuletzt ein personalisiertes kostbares Porzellanservice, das der Preussenkönig Friedrich der Grosse seinem, wie er ihm in einem Brief versichert, „Treuen Fürsten“ zukommen ließ.
Maria Theresia auf der einen, Friedrich der II. auf der anderen Seite – für Joseph Wenzel I., der sich gekonnt am diplomatischen Parkett Europas der Zeit bewegte, kein Widerspruch; denn was sich auf dem Schlachtfeld bekriegte, wusste sich abseits durchaus zu schätzen.

Treuer Fürst
Josef Wenzel und seine Kuns
1. bis 31. März 2022
Gartenpalais Liechtenstein (Fürstengasse 1, 1090 Wien)
Öffnungszeiten: täglich 11–19 Uhr
Eintritt im Rahmen von „März im Palais“ kostenlos
www.palaisliechtenstein.com
www.liechtensteincollections.at

Titelbild: Goldener Wagen im Gartenpalais Liechtenstein

Geschrieben von Sandra Schäfer